KÜNSTLERARTENSCHUTZ

Christina Lux

SEPT 2024


Warum Vorverkauf so wichtig ist… gerade ging durch die Medien, dass der Umsatz der Musikindustrie wieder mächtig gestiegen sei. Das stimmt, aber der große Kuchen verteilt sich fett auf sehr wenige. Für kleinere bis mittelgroße Acts ist es nach wie vor ein Brett. Man braucht unfassbar Nerven und Zuversicht, um die geplanten Gigs durchzuziehen, auch weil es oft sehr kurzfristig Vorverkäufe gibt. Das höre ich verschärft bei den MusikerInnen um mich herum. Ohne eine starke gewachsene Fanbase ist es nicht zu machen. Und auch hier zählt jedes Ticket, gern im Vorverkauf.


Was gar nicht geht ist, es dem Veranstalter allein zu überlassen, dass sich etwas bewegt. Ich verbringe sehr viel Zeit damit alle Konzerte auch noch mal auf meinen Kanälen zu verbreiten. Mein Newsletter ist mein Schatz. Promotion so wichtig, auch von Künstlerseite. Man kämpft allerdings auch mit den immer weiter schrumpfenden Möglichkeiten in der Tagespresse. Es ist deutlich spürbar, dass der Kulturbereich immer schmaler wird, es sei denn man ist Superstar. Und manchmal liest man dann eine Konzertkritik und denkt sich so, ui, da hatte aber jemand nicht so richtig Ahnung von dem, was er da tut. Es wird aber auch immer seltener, dass überhaupt jemand kommt und nach einem Konzert schreibt. Auch hier gibt es natürlich tolle Highlights, ohne Frage. Dank dafür!


Der Anteil der Streamingumsätze liegt weltweit bei 80 %, der von physischen Tonträgern bei 18 %. Bei 11 Mio KünstlerInnen, die Musik hochladen bei Spotify bekommen etwa 200.000 95 % aller Umsätze. Dazu kommt das Pro Rata System, was die höher vergütet, die hohe Marktanteile haben. Streaming bringen gerade mal 0,003 Euro pro Stream, also 1000 Stream sind 3 Euro, die bei uns landen. Kann man sich ausrechnen, wie unfassbar viele Streams man erreichen müsste, um ein wenig zu verdienen. Also sind Konzerte der Elefantenfuß auf dem alles steht.


Dank der Monopole wie Eventim, Live Nation und Ticketmaster und ihren seltsamen Praktiken wie Dynamic Pricing steigen die Ticketpreise für Superstars ins Astronomische. Und so bleibt für kleinere Konzerte oft nicht viel Luft. Oft denke ich, warum zahlen die Leut so viel? Dabei sein ist offenbar alles. Wir leben in einer Zeit, in der diese Megaevents immer gigantischer werden, so dass die „Omma“ schon manchmal mit dem Kopp schüttelt.


Ich würde inzwischen klar sagen jedes Ticket zählt für die kleinen und mittelgroßen Konzerte. Und jedes Ticket, das im Vorverkauf erstanden wird beruhigt die Seele ungemein. Was man da tun kann als KünstlerIn? Nicht so richtig viel mehr, als zu appellieren. An die Kunst des Künstlerartenschutzes, die uns trägt und es weiterhin ermöglicht, dass wir touren können. Oft diskutiere ich mit den Veranstaltern um die Ticketpreise. Denn auch ich kann nicht mit Tickets unter 20,- Euro rumkommen. Das ist für Leut mit kleinem Einkommen auch nicht so leicht zu wuppen, ist aber anders nicht drin. Gestiegene Kosten für die Clubs und auch für die Crews haben die Lage noch mal verschärft.



Am Ende sind die allermeisten tollen Orte, an denen ich und die KollegInnen in meinem Kreis spielen ehrenamtlich geführt. So viel wunderbares Herzblut erlebe ich da immer wieder. Mein dicker Dank für Eure wunderbare Arbeit! Und hier kommen wir auch zum nächsten Problem: Die meisten der Kulturvereine, in denen ich spiele gibt es auch schon 40 Jahre. Und es ist absehbar, dass einer nach dem anderen aufhören wird, weil es keinen Nachwuchs gibt. Viele, die das machen sind selbst um die 60/70 Jahre alt. Wahrscheinlich gäbe es ohne Ehrenamt nur eine sehr überschaubare Zahl an vielfältiger Kultur.


Ich hoffe sehr, es geht weiter. Mit Euch. Gemeinsam. Miteinander. Und ich hoff, wir sehen auf einem meiner Konzerte und gern auch bei den wunderbaren KollegInnen und VeranstalterInnen. 



Was MusikerInnen tun können:


Ich teile gern Konzerte meiner geschätzten KollegInnen, weil Verbreitung einfach hilft. Außerdem gibt es treue Lauscher, die auch immer wieder Konzerttermine verteilen. Bei Konzerten selbst mach ich immer eine klare Ansage, wie wichtig Vorverkauf ist und mache auch reinen Tisch, was Streaming anbelangt. Das kann man sehr charmant verpacken, denn viele "User" haben keine Ahnung davon, was Streaming am Ende für die bedeutet, die die Musik gemacht haben. Merci deLUXe



Was Lauscher tun können:


Bitte nicht bis auf die letzte Minute warten bis ihr ein Ticket kauft, wenn es irgend geht. Denn das kostet echt Nerven und immer wieder führt es auch zu Absagen, weil man es einfach nicht absehen kann. Wenn wir vor Corona einen Monat vorher ungefähr wussten, was geht, wissen wir es jetzt eine Woche vorher oder gar nicht. Je nach Höhe der Kosten muss man dann entscheiden, ob man es wagt. Merci deLUXe.


https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/festivals-und-konzerte-steigende-kosten-steigende-ticketpreise


https://www.musikindustrie.de/wie-musik-zur-karriere-werden-kann/markt-bestseller/musikindustrie-in-zahlen-2023




JUNI 2024


Im Moment geht die Aussage von Spotify Gründer Daniel Ek rum, der Folgendes sagte: "Today, with the cost of creating content being close to zero, people can share an incredible amount of content. In jedem Falle hat es zu Recht einen Aufschrei ausgelöst bei dem MusikerInnen klar sagen „Ich mache Musik und keinen Content“. Und zero cost ist totaler Quark, wenn man mit echten Menschen arbeitet. MitmusikerInnen, Studio und Mastering, Fotos und Videos, Promo u. v. m. Ah ja, essen und wohnen wäre da auch noch.  Das, was die Industrie gern will, ist möglichst ohne Kosten hergestellter ‚content‘ für die Masse. Das ist nichts Neues. Und macht sich auch in anderen Bereichen wie Film und Wort breit.


Ich fang von vorn an. 1982 kam die CD. Bereits in den 80ern tüftelte das Fraunhofer Institut bereits am MP3 Format. 1991 war die Entwicklung abgeschlossen. Die Major Labels winkten ab, als man es ihnen vorstellte und feilten lustig und sinnlos weiter am Kopierschutz für CDs. Und so entstand Ende der 90er Napster.  Und erst da wachte die Musikindustrie auf. Die Entwicklung war verpennt. Es war Apple, die 2004 mit bezahlten Downloads und einem eigenen Format in den Markt einstiegen.


https://www.wissen.de/mp3-eine-erfindung-veraendert-die-musikbranche


2006 gründeten dann zwei sehr reiche Dudes Daniel Ek & Martin Lorentzon Spotify. Geschäftsidee: Musik für umme! Yay! Nicht. Es sollte eine „legale Alternative zur Piraterie“ werden. Mit einem entscheidenden Haken, dem die Major Labels zugestimmt haben: Du musst eben kein Abo haben. 

2008 ging es los, nachdem die Lizenzverträge mit den großen Musiklabels geschlossen wurden. Einige waren zu Beginn auch Anteilseigner. Diesen Vertrag hat offenbar noch nie jemand gesehen. Liest man das Buch Spotify Teardown (2019) dann ging es vor allem auch um die Sammlung von Nutzerdaten, die aufgezeichnet werden und natürlich auch an DSGVO-fremde Drittanbieter übertragen werden. Nutzt man die App in Verbindung mit Facebook ist es noch umfassender. „Spotify was originally praised as an innovative digital platform but increasingly resembles a media company in need of regulation, raising questions about the ways in which such cultural content as songs, books, and films are now typically made available online.” Heißt es im Klappentext dazu.  


https://www.sueddeutsche.de/kultur/spotify-buch-forscher-nutzerdaten-1.4412193?utm_source=pocket-newtab


Und so ist es auch hier, wie bei allen großen Techies und Monopolen, wie auch Eventim und Live Nation, Amazon u. s. w. Regulierung wird immer schwierig, wenn die Marktmacht so fett ist.


Das Geschäftsmodell ohne Abo bescherte Spotify übrigens erst einmal lange rote Zahlen. Bis zum Schlussquartal 2023. Spotify setzte verschärft auch auf Podcasts und Hörspiele und es wurden 2023 satte 1500 Stellen abgebaut. Inzwischen gibt es bei 600 Mio Nutzern etwa 239 Mio Premium Abos. Sie verzeichneten nun im ersten Quartal 2024 einen Gewinn von 168 Mio. Übrigens 40 % eines Abos gehen an Musiklabels, 30 % an Spotiy und etwa 22 % an Musikschaffende nach der Goldmedia Studie, die die GEMA in Auftrag gegeben hat. 


Das System der Vergütung für Musik nennt sich Pro Rata. Das bedeutet,  dass die, die hohe Marktanteile haben, mehr bekommen als die mit niedrigen Streamingzahlen. Also alle Einnahmen inklusive Werbung kommen in einen Topf und werden dann recht intransparent ausgeschüttet. Wenn Du also nur Lux hörst, profitiere nicht ich direkt davon, sondern es wandert erst einmal alles in den großen Topf. Das andere System wäre User centric, also genaue Abrechnung. Das wird immer wieder diskutiert, setzt sich aber nicht durch, auch weil es einen enormen Aufwand bedeuten würde.  Im Schnitt liegt die Vergütung eines Streams für Musikschaffende bei 0,3 Cent (1000 Streams 3,-) 


https://www.manager-magazin.de/unternehmen/spotify-stellenabbau-und-preiserhoehungen-fuehren-zu-gewinnsteigerung-a-e92e158f-b37c-4a58-a7a9-0d18e6bd14cf


Es gibt etwa 100 Mio Songs auf Spotify. Etwa 200.000 Musikschaffende erwirtschaften 95 % aller Vergütungen und steuern 15 % aller hochgeladenen Titel bei. Nur mal so eine Zahl: Taylor Swift beispielsweise erreichte 200 Mio Streams innerhalb von 24 Std mit ihrem neuen Album. 


Ich sehe auch, dass es wahrscheinlich eine ganze Menge Hobbymusiker gibt, die „Content“ kreiert, aber nicht von ihrer Musik leben. Das bringt die Technologie mit sich. Jeder kann. Und ja, es gibt auch für Vollmusikusse keine Gewähr für gar nichts. Wie auch für jeden anderen Soloselbstständigen. Man baut sich auf, ackert und tut und erspielt sich im besten Falle einen treuen Kreis. Und dann wird es ein kleines Unternehmertum. Und das hat den gleichen Wert wie jedes andere Business, wenn ich manchmal lese, dann mach halt was Gescheites. Ich mache etwas Gescheites. ;-) von 11 Mio KünstlerInnen, die auf Spotify Musik hochladen, haben 80 % weniger als 50 monatliche Hörer.


Das zum Hintergrund. Was also tun? Von den etwa 11 Mio Musikschaffenden gibt es also nur wenige, die wirklich ein Einkommen durch Streaming erzielen können. Dazu kommen eine Menge Fake Accounts, auf denen „Geistermusiker“ ständig eben diesen Content generieren, von dem Ek spricht und die durch Masse und Playlisten oft richtig verdienen. Das hat wenig mit dem zu tun, was MusikerInnen wirklich bräuchten. Denn mitnichten sind die Kosten quasi auf null, wenn man produziert. Es sei denn man generiert Musik am Computer und  am Fließband und das auch noch mithilfe von KI. Das ist wahrlich billig. Und die Musikindustrie freut sich. 


Und damit sind wir eben wieder bei Musikindustrie und Musikkultur. Ich mache da inzwischen wirklich zwei Felder auf. Was also könnten unabhängige Musikschaffende überhaupt tun? Die immer wieder aufkommende Frage einfach raus zu gehen, stellt sich. Und hier trifft man dann wieder auf das übliche Dilemma. Das sogenannte Laufpublikum lässt sich so schwerlich erreichen. Liest jemand meinen Namen und will wissen wie ich klinge, kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass die allermeisten Leut erst einmal bei Spotify checken, was ich für Musik mache. Im besten Fall haben sie mich entdeckt und kommen zum Konzert oder kaufen dann doch den Download oder die CD. Hätte mich der Algorithmus nicht vorgeschlagen, dann wären sie nicht auf mich gekommen.


Man googelt und geht zu Amazon. Ganz ähnliche Geschichte. Comfort zone rules. Nur die, die bereits ein anderes Bewusstsein haben, würden andere Wege wählen. Und dieses Bewusstsein müssen vor allem wir Musikusse wecken, denke ich. Und dann gibt es im besten Falle die Variante, dass auch kleine Zahlen bei guten Margen zur Möglichkeit führen, doch von seiner Musik leben zu können. Das klappt noch bei denen, die sich ganz treue Lauscherkreise erschlossen haben und die selbst AutorInnen sind und auch durch Verwertungsgesellschaften wie die GEMA Geld bekommen. Oft die Arbeit von vielen Jahren und guter Pflege z. B. mit einem monatlichen Newsletter. Klicks und Likes sind zwar schick und freuen das Ego, sind aber wenig bewegend, was Umsätze anbelangt. Sie bedeuten oft nur ein Windchen.  


Was die physischen Tonträger anbelangt wird das weiterhin abnehmen, denke ich. Um Leute dazu zu bekommen, direkt auf meiner Seite einen Download zu kaufen, muss ich massiv damit werben, denn zufällig entdeckt das kaum keiner. Es gibt Portale wie HighResAudio, eine kleine, feine Company aus Berlin, die mit sehr hochwertigen (24-bit)Downloads am Markt ist und inzwischen einen sehr guten Katalog anbietet. Tidal vergütet Streaming besser und auch Qobuz, wie ich gerade sehen konnte. Immerhin 0,013 Euro pro Stream bei Qobuz statt 0,003 wie bei Spotify. 


Schau ich in die Details meiner Abrechnung, dann ist immer noch Spotify vorne mit den Streamingzahlen. Wäre ich da nicht, hab ich so meine Zweifel, dass Leute, die Spotify mit Abo nutzen, dann woanders hingingen, um zu streamen. Denn wer wechselt und zahlt, will den ganzen Katalog.  Was die CD betrifft, gibt es meine inzwischen nur noch bei JPC, in meinem eigenen Shop oder auf Konzerten. Das wiederum war ein sehr guter Schritt. Denn Retouren willste nicht. Das kostet. Und so suchen die, die immer noch CDs kaufen dann offenbar doch auch bei JPC, denn das strömt recht stabil. Streamer suchen da, wo sie ihr Abo haben, wenn sie denn eines haben, denke ich.


Politisch könnte man Mindestvergütung für Streaming einfordern. Die GEMA kämpft darum. Es hat Jahre gedauert bis da z. B. bei YouTube eine Einigung erzielt werden konnte für Musik. Urheberrechtsverbände kämpfen. PRO MUSIK hatte eine große Petition nach der 1000er Regel im Umlauf mit vielen Unterschriften. Durchkommen und was bewegen ist aber ganz schwierig. 


In Frankreich wurde durch Verhandlungen mit Verwertern, Gewerkschaften und dem Kulturministerium 2022 eine neue Vereinbarung für Streaming und Vergütung festgelegt. Sehr interessant. Sie richtet sich aber vor allem an die Labels, die besser vergüten müssen, weniger an die Plattformen. 


https://www.fim-musicians.org/de/french-streaming-agreement-2022/ 


Uruguay hatte versucht durch Gesetze bessere Vergütung zu erreichen. Spotify hat den Markt daraufhin dort schrittweise dicht gemacht. 


https://groove.de/2023/11/23/spotify-streamingdienst-erpresst-suedamerikanisches-land/


Mein Fazit ist nach wie vor: Aufklären. Und die, die man dann erwischt kommen im besten Falle ins Nachdenken gehen ins Konzert oder kaufen einen Download oder gar eine CD. Bei jedem Konzert gibt es eine kleine Ansage von mir dazu. Und es zeigt sich, dass viele Streaming Nutzer keinen Schimmer von der Höhe der Vergütungen haben. 


Macht es wirklich Sinn sich mit Giganten in den Sturm zu begeben oder macht es nicht doch mehr Sinn unabhängige Wege zu erschließen? Was nicht heißt, dass man alles hinnehmen muss, wie beispielsweise die willkürliche Aussetzung der Vergütung unter 1000 Streams pro Song im Jahr. Das ist urheberrechtlich absolut unlauter, wie ich finde. 


Wie viel Macht die großen Labels haben zeigt sich, wenn ein kompletter Katalog wie der von Universal plötzlich von einer Plattform wie TikTok verschwindet, weil man sich nicht einigen konnte auf die Höhe der Lizenzen. Das hat empfindlich getroffen, weil der Katalog riesig ist. Und immer muss man die Unabhängigen, ohne Label im Rücken, gesondert betrachten.


„Die Musikindustrie in Deutschland hat mit den Verkäufen von CDs, Vinyl-LPs und Downloads sowie den Erlösen aus dem Streaminggeschäft im Jahr 2022 insgesamt 2,07 Milliarden Euro umgesetzt. Damit ist erstmals seit 20 Jahren wieder die 2-Milliarden-Euro-Marke übersprungen worden, das war zuletzt 2002 der Fall (2,21 Mrd. Euro). Gegenüber dem Vorjahr 2021 beträgt das Marktwachstum 6,1 Prozent. Anders als vor 20 Jahren stammt allerdings heute mit 80,3 Prozent der weit überwiegende Teil der Einnahmen aus Online-Verkäufen gegenüber 19,7 Prozent aus dem physischen Geschäft. Mit weitem Abstand stärkstes Marktsegment ist dabei das Audio-Streaming, das um deutliche 14,0 Prozent zulegte und inzwischen einen Anteil von 73,3 Prozent am gesamten Branchenumsatz hat.“


https://www.musikindustrie.de/presse/presseinformationen/bvmi-marktdaten-2022


Im Zuge meiner Recherchen ein weiteres Ding. So einige lobhudeln immer bandcamp als dufte Alternative zu Streamingdiensten. Dazu folgendes: Bandcamp ist KEIN Streamingportal. Man kann da quasi reinhören. Die Vergütung allerdings bei ausschließlich gehörter Musik dort ist null Euro. Ich weiß nicht, ob das Bandcamp Usern immer klar ist, wenn sie es als Portal zum Hören nutzen. 


Bandcamp hat keinerlei Vereinbarung mit Verwertungsgesellschaften, auch da also keine Ausschüttung beim reinen Hören. Bandcamp wurde in den letzten Jahren zwei Mal verkauft. Erst an Epic Games, dann an Songtradr. Laut der Frankfurter Allgemeine wurden nur 50 % der MitarbeiterInnen übernommen, nicht darunter die Gewerkschafter und der Betriebsrat.  


Wenn Du dann etwas kaufst oder lädst, dann gehen 15 % an Bandcamp davon und der Rest zum Künstler abzüglich meist der paypal Gebühr von 3 %. Das zur Info, was natürlich völlig OK ist. Und dafür tut es auch.

Der Artikel ist von Kristoffer Patrick Cornils


https://www.dj-lab.de/bandcamp-und-epic-games-ein-halbes.../ 


Also, wie vernetzen, mit wem arbeiten und was gemeinsam bewegen ist die Frage ohne die technische Entwicklung zu verteufeln, was ja wenig Sinn macht. Sie ist da. 


NEWS 

April 2024


Ich kann es kaum fassen, aber es ist geschehen. Der diesjährige PRO MUSIK AWARD 2024 für herausragenden und unermüdlichen Einsatz im Interesse aller freien Musikschaffenden ging an mich. Letztes Jahr bekam ihn der famose Matthias Hornschuh. Was für eine Wertschätzung. Dank an alle, die mich nominiert haben und dann für mich stimmten. Das gibt neuen Antrieb, weiter aktiv zu sein. Nominiert und abgestimmt haben die Mitglieder des PRO MUSIK Verbandes. Was da in der kurzen Zeit ihres Bestehens schon auf die Beine gestellt wurde, ist großartig.


Solltet ihr Musik machen, dann werdet Mitglied. Es gibt so vieles, warum sich das lohnt. Vom neuen Elevator bis hin zu Beratung bei Verträgen und vieles mehr. Unter dem Link findet sich alles:

PRO MUSIK VERBAND

April 2021


Am 27.04. war ich zum Bürgerdialog mit der Bundeskanzlerin geladen. 14 Kulturschaffende aus verschiedenen Branchen waren geladen. 


Hier könnt ihr das Gespräch sehen und hören.


Heute durfte ich dann noch in Corso beim DLF ein Interview geben, um noch einmal mehr auszuführen, was mir auf der Seele brennt. Danke an Kerstin Janse und die Moderatorin Azadê Peşmen

Hier lauschen

Die Zeit rennt und schleicht zugleich

März 2021


Unfassbar. Ein Jahr ist rum seit dem ersten Lockdown. Ich denke niemand hätte gedacht, dass es so lang dauern wird. Nun sind wir weiter, aber oft nicht schlauer, wie mir scheint. Sind wir systemrelevant? Hm. Würde ich heute anders sagen. Ich bin Teil des Systems. Weil Kultur das schlicht ist. Systemrelevant sind die, ohne die hier echt alles was Versorgung bedeutet zusammen bricht. So sehe ich das heut.


Es hat Kommunikation gebraucht. Und es braucht sie noch. Um der Regierung aufzuzeigen, wie vielschichtig Berufe in der Kultur sind und wie man Hilfsprogramme auch so gestaltet, dass niemand durch das Raster rutscht.  Da muss viel erklärt werden. Einiges wurde schon erreicht. Ich arbeite bei der Kulturinititaive 21 mit. Wir sind Menschen aus verschiedenen Kulturbereichen und sammeln immer wieder Anliegen, um sie dann auch weiter an die Regierung zu adressieren. 


Ich gestehe, die Zeit beutelt mich und macht unendlich müde. Ich versteh die Maßnahmen, aber nicht die Unlogik, die in so vielen Entscheidungen steckt. Ich versuche ein neues inneres Betriebssystem aufzubauen. Die Art mit Musik in Lebendigkeit zu kommen, wie es mal war, gibt es nicht gerade. Und das wird auch noch dauern, fürchte ich. 


Karl Valentin sagte mal: Ich freu mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, dann regnet es auch. Das hilft ein wenig.


Man muss sehr wachsam sein, um die Hilfen auch richtig zu beantragen, wie es richtig ist. Da kann man ganz schön ins rotieren kommen. Bisher habe ich aufgrund eines guten Jahres in 2019 ganz gut Versorgung bekommen, auch wenn es zu lange gedauert hat. Und ich bin trotz vieler Dinge, die mich wütend machen, auch enorm dankbar. 


Bleibt dabei. Unterstützt Eure liebsten Künstler. Wenn wir wissen, dass Ihr da seid, dann wissen wir auch, wo der nächste Landeplatz sein wird.


1001 Dank!


Es wird Zeit erwachsen zu werden.

März 2020


Meine Gedanken machen wilde Höps. Ja, ich bin Erfinderin. Erfinderin von Worten und Erfinderin von Möglichkeiten. Ohne diese Fähigkeit wäre ich in meinem Leben schon so einige Male sang und klanglos untergegangen. Ich wurde Musikerin, weil ich meine Gedanken ordnen musste, meine Klarheit entstand, weil Musik hörbar und fühlbar machte, was ich auf andere Weise nicht erreichen konnte. Zuerst nur für mich. Um dann zu meiner großen Freude zu erfahren, was das mit anderen macht. Genau das, was ich selbst erfuhr, wenn ich Musik belauschte oder vor einem Bild stand, welches mich im tiefsten Innern berührte. Was für eine herrliche Macht. Wenn sie in Demut bleibt, wenn sie nicht will, sondern liebt und getragen ist von Berührung, die es möglich macht sich selbst zu begreifen, dann wurde und wird es richtig spannend für mich. Es ist nicht mehr die Bestätigung, dass ich gut bin, wenn der Applaus kommt, sondern die Gewissheit, dass hier etwas ausgetauscht wird. Das ist für mich der Ur-Sinn von Kunst. Und deshalb brauchen wir sie.


Ich denke an meine liebe Freundin Regy Clasen und unser letztes Gespräch im Hospiz. Sie fragte mich, was sie denn wohl hinterließe. Der sogenannte große Durchbruch, das war nicht ihr Weg. Auch der von Edo Zanki, Susan Weinert, Stephan Ullmann und Astrid North nicht. Aber sie alle sind Frederick's. Genau diese Geschichte fiel mir ein. Ein Kinderbuch, das ich liebe. Und ich sagte: Du bist diejenige die, wenn alle Vorräte verbraucht sind, Licht, Sonne, Farben und Töne hinterlässt, die wir so dringend brauchen, um unsere Seelen zu nähren. Ein Geschenk für diese Welt, meine Sonne.


Wir müssen aufhören an Türen zu kratzen, die sich nicht öffnen. Wir müssen aufhören unsere Kräfte über die Maßen in Empörung und Wut zu vergeben um am Ende ohn-mächtig in der Ecke zu liegen, weil es nicht geschah. Keine Rettung. Was jetzt? Wir wurden nicht gehört. Wir sind nichts. Unwichtig, vergessen. Nein, das sind wir nicht.


Ich springe zurück. Wir erhoffen uns immer von unseren Eltern, dass sie uns sehen mögen, anerkennen und versorgen. Wir tun sehr viel, um das zu erreichen. Und in den allermeisten Fällen zahlen wir einen hohen Preis dafür. Weil wir uns verstellen und anpassen, um versorgt zu sein. Wir müssen das. Und wenn Du Menschen triffst, die als Erwachsene noch immer hoffen, dass der Vater oder die Mutter doch endlich sehen mögen, wer sie sind, dann weißt Du, sie hängen fest. Das gilt es zu entknüpfen. Es gibt nichts Befreienderes, als genau das zu tun. An diesem Punkt beginnt Selbstwirksamkeit und die Fähigkeit die Verantwortung für das eigene Tun und Handeln ganz in die eigenen Hände zu legen. Ob Du ein Arsch wirst oder ein Liebender, das ist Deine Entscheidung.


Wir möchten so gerne versorgt sein. Und in diesen Zeiten zeigt sich ein ähnliches Gebilde. Der Staat ist der Vater, die Mutter. Wir wollen, dass er uns sieht. verzweifelt klopfen wir und jammern und hoffen und appellieren. Bis wir müde werden. Und darüber vergessen wir die Selbstwirksamkeit. Es soll uns jemand versorgen. Wir geben unserer eigenen Möglichkeiten ab.


Nein, ich werfe niemandem seine Angst, Lähmung und Verunsicherung vor. Die hab ich auch. Aber irgendwann klickt etwas ein. Die große Frage: Werde ich jetzt still weinend in der Ecke sitzen bleiben mit der großen Enttäuschung, die meine Beweiskette nichts wert zu sein wieder schließt? Oder mich endlos aufreiben darüber, dass ich immer und immer wieder meinen Kopp an die Wand haue, damit sie sehen? Schau doch, sie lassen mich hängen, sie sehen mich nicht. Ich bin ein Opfer. Hier weigere ich mich. Nein, ich bin kein Opfer.


Mein Appell will vielmehr an Euer Wertgefühl ran. An die Punkte, an denen ihr in die Falle geratet, dass das schleichende Gefühl "was steht denn mir schon zu", welches ihr ohnehin schon mehr oder weniger leise immer getragen habt, hervorlugt. In so vielen Gesprächen in den letzten Wochen mit Kollegen kam dieser Punkt immer wieder deutlich zu Tage. Sie sagten: Ist ja kein richtiger Beruf. Schönes Hobby, was machen sie denn hauptberuflich? Die Mutter, die sich schämte für die Tochter, als sie sagte sie wolle Musik studieren. Aber es macht mir doch Spaß, darf ich dafür auch Geld nehmen? Ich kann doch nicht nach Hilfe fragen dafür, was ich da tue. Ist doch nur Kunst oder Musik….usw


Wir müssen endlich erwachsen werden. Und uns Er-Innern. An die Kraft, die in uns steckt und an die Selbstwirksamkeit. Wie kann ich statt darauf zu warten, dass jetzt endlich jemand kommt und mich rettet, selbst Wege erschließen? Wie geht das, sich gegenseitig zu unterstützen und zu verbünden? Wenn viele ein wenig geben, bewegt man plötzlich viel. Das ist meine Idee vom Künstlerartenschutz. Unabhängig werden und autarke Wege erschließen, wenn Vater/Mutter-Staat es nicht kapiert. Und diese Zeit ist jetzt. Weil wir uns jetzt gegenseitig brauchen.


Nein, wir sollten nicht aufhören zu kämpfen, aber wir sollten genauso an Wegen arbeiten, die uns von Systemen unabhängig machen. Baut ihn jetzt Euren kleinen CD Shop, verschickt liebevoll, wenn ihr es tut. Vielleicht fallen Euch noch andere Dinge ein, die ihr kreieren könnt. Traut Euch auch nach Support zu fragen. Unterstützt andere. Sucht nach Wegen zu helfen. Stärkt Euch gegenseitig, wo ihr nur könnt. Werdet Familie, gesunde Familie, in der nicht übergestülpte Identifikationen, sondern gesunde Identität zählt. Hört zu. Umarmt Euch selbst und dann Andere. 


Love & Lux endlos.


Foto: meyeroriginals


Musik ist Demokratierelevant würde ich heute sagen. 

Nachtrag vom 01.05.2024



Liebe Künstlerartenschützer, liebe Luxlauscher!


Nun sind seit meinem Brief vom 22.4. schon wieder anderthalb Monate vergangen seit meinem Post zur Systemrelevanz. Die Lage für Soloselbstständige und freie Künstler*innen bessert sich nicht wirklich. Was uns Musiker*innen anbelangt befürchten wir ein ziemliches Clubsterben.


Leider sind die Hilfen des Bundes auf drei Monate beschränkt und die erhaltenen Soforthilfen dürfen bis auf 2.000 Euro als Selbstbehalt für private Ausgaben (in NRW) nur für Betriebsausgaben verwandt werden. Und die gilt es jetzt zu definieren, was nur zögerlich geschieht.


ALG II soll die Hilfe sein. Ist sie aber leider nicht. Es zeigt sich immer deutlicher, dass diese Unterstützung wenig hilfreich ist. Trotz vereinfachter Anträge in den Jobcentern, die der Bundesagentur für Arbeit unterstehen (über 100 sind von Kommunen geführt und wenden die Anträge oft nicht an) gibt es viele Probleme. Es fängt schon damit an, dass man die Regelung zur Bedarfsgemeinschaft nicht geändert hat. Das bedeutet, dass das Gehalt des Partners so mit verrechnet wird, dass beiden nur noch 432,- Euro bleiben.


Auch Bafög für ein im Haushalt lebendes Kind wird mit angerechnet, so dass im Grunde die Möglichkeit einen kleinen Betrieb weiter zu führen völlig dahin ist. Und jegliche Anstrengung, sich wieder zu entlasten, führt dazu, dass das Geld ständig verrechnet wird und man einfach nicht mehr herauskommt. Neuinvestitionen, Dispo, Kredit alles weg. Es wird darauf hinauslaufen, dass viele schlicht in die Arbeitslosigkeit fallen werden. Traurig. Die Politik des Bundes bleibt stur und die Länder kommen nicht in Bewegung.


Deshalb ist es um so wichtiger, dass Künstlerartenschützer am Start sind. Und jeder, der Kultur jetzt erhält ist ein echter Held für mich. Man kann jetzt nur hoffen, das wir durch diese Zeit kommen, denn Konzerte sind in den letzten Jahren zu dem Standbein schlechthin geworden.


Wir werden weiter kämpfen, um das Beste möglich zu machen und wieder weiter zu strahlen.


Support each other


Dieser Artikel von Catharina Boutari und Lux erschien am 12.06.2020 bei Bonedo. Mit Klick auf das Bild könnt ihr ihn lesen.


Demokratierelevanz - Ein offener Brief
vom 22.04.2020

Update 28.04.21:
Heute würde ich diesen Begriff nicht mehr verwenden. Ich bin Teil des Systems. Und wichtig. Systemrelevant sind die Versorger. Demokratierelevanz passt sehr viel besser.


Es geht mir nicht um eine Extrabehandlung für Künstler, sondern eine vernünftige Regelung für alle Soloselbstständigen. Die Mär vom Künstler, der gern als von der Hand in den Mund lebender gesehen wird, geht mir gehörig gegen den Strich. Ja, es gibt diese Form, aber das ist nur ein Teil. Der andere
Teil sieht anders aus. Wie das genau in Zahlen aussieht, kann ich allerdings nicht sagen. Ich spreche hier für die, die seit Jahrzehnten, so wie ich (oder deutlich größer), unabhängig ihren Weg gehen. In Deutschland sind fast 190.000 (davon 53.000 Musiker Zahlen von 2018) Künstler in der KSK (Künstlersozialkasse)
Um dort Mitglied zu sein muss man mindestens 3.900 Euro aus selbstständig künstlerischer Tätigkeit jährlich erwirtschaften.
https://www.kuenstlersozialkasse.de/service/ksk-in-zahlen.html

Seit nunmehr 37 Jahren mache ich Musik. Seit 1998 stehe ich damit, ohne je Hilfe des Staates in Anspruch genommen zu haben, auf eigenen Füßen. Ich habe ein einziges Mal Geld vom Staat bekommen, als mein Kind 1991 zur Welt kam und ich Erziehungsgeld bekam. Gut, dass es das gibt. Ich habe 9 Alben produziert und unzählige Konzerte gespielt. Ich zahle brav meine Steuern (und das nicht zu knapp) und mache das gern, weil wir ein zwar durchaus lückenhaftes System haben, aber eben auch eines das Schirme aufspannt für Leute die straucheln. Das Menschen hilft, wenn nichts mehr geht (auch wenn es da eine Menge zu kritisieren gibt, in welcher Art das geschieht. Das muss überdacht werden und geändert). In diesem Land kann man frei zur Schule gehen und studieren. Es gibt eine Krankenversicherung für jeden und so einiges mehr. Und wir haben eine freiheitlich demokratische Grundordnung die, wie man in vielen Ländern sehen kann, so nicht selbstverständlich ist. Ich möchte, dass das so bleibt.

Nein, ich sitze nicht den ganzen Tag verträumt auf einer Wiese und klimpere ein bisschen auf der Gitarre um mich zur Selbsterfreuung meinen kreativen Momenten hinzugeben und dann zu erwarten, dass ich von irgendeinem System selbstredend versorgt werde. Ich habe einen kleinen Betrieb. Und der läuft seit über 20 Jahren und ich habe ihn stetig weiter aufgebaut in großer Unabhängigkeit. Ich produziere meine Alben und finanziere diese durch Crowdfunding und mit dem Geld, welches ich mir zuvor erwirtschaftet habe. Den Großteil meiner Zeit verbringe ich im Büro. Ich buche meine Konzerte, mache Promo, meine Steuer und organisiere meine Touren.

Und dies in einer Zeit, in der die Musikbranche zunehmend in einen Zustand gerät, in dem es für einen Künstler nur eine einzige verlässliche Einkommensquelle gibt: Konzerte. Und daran hängt eine komplette Branche. Bestehend aus Veranstaltern, Ton,-und Lichttechnikern, Cateringservices, Bookern, PR Leuten, Grafikern, Fotografen, Studios, Presswerken, Labels, Roadmanagern und Verlagen und selbstredend auch Musikern, die man sich für ein Projekt bucht. Wahrscheinlich habe ich noch einige Bereiche vergessen.

Seit es Streaming gibt (ich darf kurz erwähnen, dass ein Stream im Schnitt etwa 0,003 Euro zum Künstler bringt) gibt es die Einnahmequelle CD Verkauf hauptsächlich nur noch im Livegeschäft. Wenn meine 800 verkauften Exemplare im Vertrieb schon als ganz gut gelten, dann kann man sich ausrechnen, was in den meisten Fällen an dieser Stelle noch geht. Nicht viel. Auch ein Grund, warum viele große Labels inzwischen Deals machen, bei denen sie bei ALLEM was ein Künstler erwirtschaftet beteiligt sind. Und das macht klar, dass es ohne Konzerte nicht möglich ist zu überleben. Garnicht.

Ein weiteres Standbein ist für die, die ihre Songs selbst schreiben, die Gema. Ohne diese Ausschüttungen könnte ich von meiner Musik nicht existieren. Jedes Live Konzert bringt einen Betrag, der einen Teil meiner Kosten mit deckt und der enorm wichtig ist. All das wird jetzt wegbrechen. Und es gibt natürlich auch Geld für Airplay und TV. Die allermeisten Radiostationen allerdings spielen sogenanntes Formatradio. Das bedeutet, dass es für einen kleineren oder nicht Mainstream Künstler oft sehr schwer, bis unmöglich ist, dort stattzufinden, was weitere Einnahmen generieren würde. Dazu haben wir die Aktion Airplay for Artists gestartet, die Resonanz ist leider fast gleich null. Traurig. Öffentlich rechtlich bedeutet eigentlich, dass die Kultur des Landes auch dargestellt wird. Das ist bei vielen Sendern nicht mehr der Fall. Hier wird verzweifelt auf vermeintliche Hörerwünsche geschielt und das Programm dementsprechend stromlinienförmig gestaltet. Ein unsäglicher Zustand.

Mehr zu Airplay For Artists hier

Uns wird im Moment gern vorgehalten, wir hätten ja keine Rücklagen gebildet. Also wirklich. Jeder Soloselbstständige, ob er nun Kuchen backt oder Kleider schneidert oder etwas anderes verkauft, tut das, was möglich ist, um sich zu erhalten und den Betrieb aufzubauen und auch zu investieren. Und er sieht auch zu, dass er im Alter nicht völlig mittellos dasteht. Deutschland hat die Künstlersozialkasse. Ein Segen. Ich zahle jeden Monat über 400,- in diese Kasse ein um Renten,- und krankenversichert zu sein. Außerdem habe ich eine Berufsunfähigkeitsversicherung und zwei Lebensversicherungen abgeschlossen, die mich im Alter ein wenig besser versorgen können. Soviel zu Rücklagen. Diese wären mit ALG II in Gefahr, auch wenn behauptet wird, das sei jetzt alles so einfach, hören ich von 20 Seiten Formularen und Offenlegungen, die nicht zu fassen sind. Allein die Regelung der Bedarfsgemeinschaft ist unzumutbar. In meinem Fall kämen, aufgrund des auch kleinen Einkommens meines Partners, 150,- Euro Grundsicherung für mich heraus. Ich müsste ihn nötigen ebenfalls auf 432,- Selbstbehalt zu gehen, damit wir da überhaupt etwas bekämen. Ich zitiere: "Erheblich ist sofort für den Lebensunterhalt verwertbares Vermögen der Antragstellerin/des Antragstellers über 60.000 Euro sowie über 30.000 Euro für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft. Beispiele: Girokonten, Sparbücher, Schmuck, Aktien, Lebensversicherungen." Auch ein Punkt, der einen platt macht, statt den Betrieb und die eigene Versorgung zu erhalten. Das Aus für jede Art der Neuinvestition in Ware/CDs um weiter beweglich zu bleiben und meinen kleinen Betrieb zu erhalten.

Viele meiner enorm wackeren Kollegen haben das die letzten Jahre so gemacht wie ich und auch sehr gut hinbekommen. Einige sogar noch in viel größerem Umfang, was die Touren anbelangt und die beschäftigten Menschen. Ich habe immer darauf geachtet, dass ich meine Umsätze so hinbekomme, dass ich meine Arbeit in Freiheit und mit größtmöglicher Marge machen kann, so dass ich auch von 30-40 Konzerten, meinem CD Verkauf und meinen Workshops all diese Dinge halten kann. Das ging nur, indem ich sorgsam einen Eintrittspreis erspielt habe, der würdig war. In einer Zeit, in der das konsumieren von Musik völlig ohne etwas zu geben möglich ist, muss man seine Künstlerartenschützer auch klar informieren. www.kuenstlerartenschutz.de ist meine Seite dazu, die ich gerade aufbaue. Und ich muss sagen, dass ich ohne diese wunderbaren Luxlauscher und Unterstützer diese Zeit überhaupt nicht überstehen würde. Sie geben und wollen erhalten, was meine Musik ihnen gibt. Ein Glück. Und das geht vielen so, deren Werk den Menschen gibt, was die Seele dringend braucht. Aber von Spenden zu leben kann der Weg langfristig nicht sein. Ich habe einen Beruf.

Ich kann nicht immer von der Wichtigkeit der Kultur reden und sie zugleich als nicht systemrelevant betrachten oder sie zu kleinen Bittstellern herunter reden. Dies an Frau Grütters und alle Politiker, die das nicht begreifen, wie es scheint. Denn die wenigsten kleineren Veranstalter und Betriebe haben Unterstützung von Stadt oder Land. Sie schaffen das mit viel ehrenamtlicher Arbeit oder großem Idealismus und geben uns dafür den Boden, um eine Bühne zu haben und Kultur zu erhalten. Kultur ist, wie Johannes Rau schon einmal so treffend sagte, nicht die Sahne auf dem Kuchen, wenn es einem gut geht, sondern die Hefe im Teig. Ohne Hefe wird das Brot zu Stein.

Ich spreche hier für all die Kollegen und alle Soloselbständigen, die sich etwas aufgebaut haben und für die diese Grundsicherung nun für ihren Erhalt reichen soll, was sie nicht tut. Unsere Betriebsstätte ist in den allermeisten Fällen daheim. Und es gibt nicht diese Art von Betriebskosten eines Ladenlokals oder eines Mitarbeiters. Und ja, man muss außer den Betriebskosten auch versorgt sein. Es ist aber enorm wichtig den Betrieb zu erhalten. Von den 2 Millionen Soloselbständigen werden viele, ohne vernünftige Unterstützung, ihren Betrieb verlieren und dann wirklich arbeitslos sein. Das kann nicht das Ziel sein. Wie in Baden Württemberg oder Bayern sollte den Künstlern und Soloselbstständigen ermöglicht werden sich, wie auch in NRW ursächlich so formuliert, einen Selbstbehalt von der Soforthilfe für den Monat auszuzahlen, um die Versorgung über ALG II möglichst zu umgehen und einen Weiterbetrieb zu ermöglichen, ohne dass der Betrieb völlig lahm gelegt würde. Denn das würde passieren, wenn man die Leute so auf Eis legt. Und bitte, versorgt alle damit, die den Antrag berechtigt gestellt haben. (So einige haben bis heute nichts an Soforthilfe bekommen und sind in Existenzangst.)

Es gibt inzwischen Ausgleichszahlungen für als systemrelevante Gruppen geltende Berufe wie Ärzte, Physiotherapeuten die sich am vorherigen Einkommen orientieren. Das kann nicht sein, dass solche Regelungen nur für lobbystarke Berufsgruppen geltend gemacht werden.

Jeder Einzelne, der in diesem Land durch seinen kleinen Betrieb oder seine künstlerische Arbeit einen Teil beiträgt, ist systemrelevant. Eine funktionierende Gesellschaft besteht aus vielen kleinen Rädchen im Getriebe und nur so kann es funktionieren. Es ist ein solidarisches System, wenn man es richtig angeht. Und das wäre in dieser Zeit enorm wichtig, damit es uns nicht spaltet und noch politikverdrossener macht, als viele ohnehin schon sind, die dann gern mal nach einem starken Führer rufen. In dieser Zeit liegt die Chance Vertrauen zu schaffen. Wird das nicht erreicht öffnet man Tür und Tor für andere Kräfte, denen wenig am Erhalt unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung liegt und denen diverse und vielfältige Kultur, die sich frei und offen äußert und einen wichtigen Beitrag in dieser Gesellschaft leistet, herzlich wenig bedeutet.

In der Hoffnung auf eine gute Lösung und ein Einsehen,
Christina Lux


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Foto: meyeroriginals



Angeregt durch mein nettes Bild des verträumten Künstlers hat die wunderbare Katie Freudenschuss nun dies gezaubert.


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